Stephan Grünewald, bekannt als "Psychologe der Nation", untersucht schon lange, "wie die Deutschen ticken". Wie verhalten wir uns jetzt in der Corona-Krise? Und warum gibt es Chancen für "produktive Verrücktheit"? Stephan Grünewald ist zu Gast bei Anja Reschke im After Corona Club.
Hier geht's zur Playlist vom After Corona Club
- https://www.youtube.com/playlist?list=PLMJjvZqoYSrB219V8JQpWNRVh_aqVJbO4
Viele haben in der Corona-Krise viel mehr Zeit als vorher. "Wir sind ja sozusagen in einem kollektiv verordneten Vorruhestand und für viele Menschen eröffnen sich unerhörte Zeitfenster", sagt Stephan Grünewald, Psychologe und Autor populärer Sachbücher wie "Wie tickt Deutschland?". Am Anfang der Corona-Krise taten viele Menschen das, was immer schon anstand: Keller aufräumen, Kaputtes reparieren, Akten sortieren.
Wer etwas Sinnvolles tut, behält scheinbar die Kontrolle und bekämpft das Ohnmachtsgefühl, das wir in dieser Bedrohung verspüren, glaubt Psychologe Grünwald: "Auch das Hamstern, was vor allen Dingen in der ersten Woche die Leute beschäftigt hat, war eine wichtige Möglichkeit, sich zu zeigen: Ich bin handlungsfähig."
Zeit für Zweifel statt Schulterschluss in der Corona-Krise
Inzwischen befinden wir uns in einer Phase, in der auch Zeit für Zweifel ist. Sind die Maßnahmen wirklich angemessen? "In der ersten Phase hatten wir einen großen Schulterschluss", sagt Grünewald, "Wir waren kollektiv bereit, unser Leben etwas herunterzufahren. Jetzt ist eher eine Gemengelage da, sodass Polarisierung entstehen könnte. Wirtschaft versus Gesundheit, Jung gegen Alt, Krisengewinnler versus Krisenverlierer, Freiheitsgläubige gegen Staatsgläubige."
Plan für die Krisenzeit
Im ersten Moment haben viele Leute genossen, endlich mal aus dem Hamsterrad heraus zu sein. Doch je länger es dauert, umso mehr wachsen Spannungen und Ängste. "Täglich steigt die Angst vor der Erkrankung, die wirtschaftlichen Ängste, die Alltagssorgen, dass uns quasi die Decke auf den Kopf fällt. Aber auch die Sorgen, dass die Gesellschaft irgendwann ihren Zusammenhalt verliert", befürchtet Stephan Grünewald.
Das Wort "Quarantäne" bedeutet historisch einen Zeitraum von 40 Tagen: "Den können wir seelisch ermessen. Die Sommerferien orientieren sich auch an diesem Zeitraum, das sind 42 Tage. Aber alles darüber hinaus ist schwer vorstellbar." Spätestens nach sechs Wochen, so glaubt Grünewald, benötigen wir eine Vision, einen Plan, wie es weitergeht, um die Krise durchstehen zu können.
Mut zur Veränderung durch die Corona-Krise
Grünewald sieht aber auch Chancen, dass wir langfristig etwas aus der Krise mitnehmen können:"Wir gelten ja als Land der Ideen, als Land der Erfinder und Querdenker, als Land der Patente. Aber dieser Erfindungsreichtum, der ereignet sich nicht im Hamsterrad, nicht in der betulichen Betriebsamkeit, sondern wenn wir mal zur Ruhe kommen. Wenn wir mal aus dem Gewohnten ausscheren und bereit sind, die Welt anders zu denken. Wenn wir mal produktiv verrückt sind. Und diese produktive Verrücktheit, dieser Mut zur Veränderung, den werden wir, hoffe ich, beibehalten, auch nach der Krise."
After Corona Club: Gesprächsformat mit Anja Reschke
Stephan Grünewald ist zu Gast im After Corona Club, in dem Anja Reschke mit Fachleuten aus Psychologie, Wirtschaft, Soziologie, Politik, Medizin und weiteren Wissenschaften spricht.
https://www.ndr.de/aftercoronaclub
Den After Corona Club gibt es auch als Audio-Podcast
https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcast4712.html
#psyche #psychologie #corona
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Viele haben in der Corona-Krise viel mehr Zeit als vorher. "Wir sind ja sozusagen in einem kollektiv verordneten Vorruhestand und für viele Menschen eröffnen sich unerhörte Zeitfenster", sagt Stephan Grünewald, Psychologe und Autor populärer Sachbücher wie "Wie tickt Deutschland?". Am Anfang der Corona-Krise taten viele Menschen das, was immer schon anstand: Keller aufräumen, Kaputtes reparieren, Akten sortieren.
Wer etwas Sinnvolles tut, behält scheinbar die Kontrolle und bekämpft das Ohnmachtsgefühl, das wir in dieser Bedrohung verspüren, glaubt Psychologe Grünwald: "Auch das Hamstern, was vor allen Dingen in der ersten Woche die Leute beschäftigt hat, war eine wichtige Möglichkeit, sich zu zeigen: Ich bin handlungsfähig."
Zeit für Zweifel statt Schulterschluss in der Corona-Krise
Inzwischen befinden wir uns in einer Phase, in der auch Zeit für Zweifel ist. Sind die Maßnahmen wirklich angemessen? "In der ersten Phase hatten wir einen großen Schulterschluss", sagt Grünewald, "Wir waren kollektiv bereit, unser Leben etwas herunterzufahren. Jetzt ist eher eine Gemengelage da, sodass Polarisierung entstehen könnte. Wirtschaft versus Gesundheit, Jung gegen Alt, Krisengewinnler versus Krisenverlierer, Freiheitsgläubige gegen Staatsgläubige."
Plan für die Krisenzeit
Im ersten Moment haben viele Leute genossen, endlich mal aus dem Hamsterrad heraus zu sein. Doch je länger es dauert, umso mehr wachsen Spannungen und Ängste. "Täglich steigt die Angst vor der Erkrankung, die wirtschaftlichen Ängste, die Alltagssorgen, dass uns quasi die Decke auf den Kopf fällt. Aber auch die Sorgen, dass die Gesellschaft irgendwann ihren Zusammenhalt verliert", befürchtet Stephan Grünewald.
Das Wort "Quarantäne" bedeutet historisch einen Zeitraum von 40 Tagen: "Den können wir seelisch ermessen. Die Sommerferien orientieren sich auch an diesem Zeitraum, das sind 42 Tage. Aber alles darüber hinaus ist schwer vorstellbar." Spätestens nach sechs Wochen, so glaubt Grünewald, benötigen wir eine Vision, einen Plan, wie es weitergeht, um die Krise durchstehen zu können.
Mut zur Veränderung durch die Corona-Krise
Grünewald sieht aber auch Chancen, dass wir langfristig etwas aus der Krise mitnehmen können:"Wir gelten ja als Land der Ideen, als Land der Erfinder und Querdenker, als Land der Patente. Aber dieser Erfindungsreichtum, der ereignet sich nicht im Hamsterrad, nicht in der betulichen Betriebsamkeit, sondern wenn wir mal zur Ruhe kommen. Wenn wir mal aus dem Gewohnten ausscheren und bereit sind, die Welt anders zu denken. Wenn wir mal produktiv verrückt sind. Und diese produktive Verrücktheit, dieser Mut zur Veränderung, den werden wir, hoffe ich, beibehalten, auch nach der Krise."
After Corona Club: Gesprächsformat mit Anja Reschke
Stephan Grünewald ist zu Gast im After Corona Club, in dem Anja Reschke mit Fachleuten aus Psychologie, Wirtschaft, Soziologie, Politik, Medizin und weiteren Wissenschaften spricht.
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