Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat erneut eine Lockerung der Corona-Maßnahmen gefordert und dabei drastische Worte gewählt. «Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag im Sat.1-Frühstücksfernsehen. Es müsse unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen für Junge und Ältere geben.
Palmer zufolge handelt es sich bei dem Großteil der an einer Corona-Infektion Gestorbenen um Menschen mit Vorerkrankungen, die ohnehin nicht mehr lange zu leben gehabt hätten. Seiner Meinung nach sind die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns gravierender und könnten etwa das Leben armutsbedrohter Kinder kosten.
Mit seinen Aussagen löste Palmer eine Welle der Entrüstung aus. Er schüre Ängste von Millionen alter Menschen, sagte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Der Generalsekretär der CDU Baden-Württembergs, Manuel Hagel, erklärte, Palmers Aussagen strotzten vor Verachtung für die Älteren in der Gesellschaft. «Jeder Mensch ist gleich viel wert und seine Würde unantastbar. Wer das in Frage stellt, begibt sich auf den Weg in die Barbarei», teilte Jan Korte mit, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Die Linke im Bundestag. Kritik kam auch aus Palmers eigener Partei - Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn bezeichnete Palmers Position auf Twitter als «sozialdarwinistisch».
Der Direktor des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm, Dietrich Rothenbacher, betonte, dass es auch bei jüngeren Erwachsenen schwere Verläufe einer Covid-19-Erkrankung gebe. Laut einer Studie aus China starben in einer Patientengruppe von 35- bis 58-Jährigen 8,1 Prozent. «Die Gefährlichkeit einer Erkrankung kann auch nicht nur an der Zahl der absoluten Todesfälle festgemacht werden, sondern in der Tat sollte die Anzahl der verlorenen Lebensjahre benannt werden», teilte Rothenbacher mit. Diese Zahlen gebe es für Covid-19 noch nicht.
#corona #cornavirus #borispalmer
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