Die amerikanische Apothekenkette CVS verlost 100 Kreuzfahrten, in Indonesien winken Hühner und in Hongkong sogar ein neues Apartment im Wert von 1,2 Millionen Euro in einer Lotterie für Corona-Geimpfte. In Israel gab es Pizza oder Hummus, in den USA Freibier und Joints, Serbien belohnt Impfwillige mit 25 Euro. Deutschland setzt dagegen auf Einsicht: Das beste Argument für eine Covid-19-Impfung sei immer noch der Schutz vor der Erkrankung, betonen Gesundheitsminister Jens Spahn und Regierungssprecher Steffen Seibert unisono. Sie wollen weder Anreize noch Strafen - und die Landesregierungen stimmen ihnen zu.

Bund und Länder verweisen auf das anhaltend hohe Impftempo, mit dem man auch die USA mittlerweile bei den Erstimpfungen überholt hat: In Deutschland haben bislang 56,8 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten, 39,3 Prozent sind mit Stand Montag vollständig geimpft. Doch das Robert-Koch-Institut (RKI) hält es angesichts der zunehmenden Verbreitung der hochansteckenden Delta-Variante inzwischen für nötig, dass mindestens 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der über 60-Jährigen den vollen Impfschutz bekommen. Dafür sei es entscheidend, dass die noch Ungeimpften motiviert werden, sich noch im Sommer impfen zu lassen. "Bei rechtzeitigem Erreichen dieser Impfquote scheint eine ausgeprägte vierte Welle im kommenden Herbst/Winter unwahrscheinlich", meint das RKI.

Dennoch befeuert die Sorge um ein Abflachen des Impftempos etwa die Debatte, ob es nicht doch einen Impfzwang oder zumindest Bußgelder für nicht wahrgenommene Impftermine geben sollte. Die Bundesregierung lehnt dies strikt ab. Dahinter steckt auch die Einschätzung, eine Impfpflicht juristisch nicht durchsetzen zu können, weil diese einen Eingriff in persönliche Rechte darstelle. "Je weniger angespannt die Lage im Gesundheitssystem ist, desto weniger wird ein Zwang akzeptiert", heißt es in der Regierung.

Politiker wie Außenminister Heiko Maas, Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß, aber auch Kassenärzte-Präsident Andreas Gassen wiederum plädieren dafür, direkte oder indirekte Anreize zu setzen - etwa dadurch, dass man für Voll-Geimpften alle Corona-Auflagen beseitigt. Maas will dies schon im August. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach widerspricht ebenso wie Landesregierungen - die gerade an Sicherheitskonzepten für den Schulstart im Herbst arbeiten. Auch direkte Anreize wie eine Lotterie für Impfungen lehnt das Gesundheitsministerium ab. Dafür hat Spahn andere Ideen für einen "Impfruck" im Sommer: "Es geht darum, dass wir niedrigschwellige Angebote machen - auf dem Marktplatz, auf dem Sportplatz, neben der Kirche, neben der Moschee", sagt er im Deutschlandfunk.

Für eine möglichst hohe Durchimpfung müsse man Anreize setzen, meint auch der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. Diese gibt es bereits etwa durch die Ermöglichung von Restaurantbesuchen im Innenbereich, der Teilnahme an Veranstaltungen oder Reisen ohne Quarantänepflicht. Eine wichtige Rolle spielt aber auch das soziale Umfeld. "Wenn im Freundes- und im Familienkreis alle geimpft sind und das auch richtig finden, dann steigt auch der Druck auf die bisher nicht Geimpften", sagt Sieverding. Sie erwartet daher, dass es unter Skeptikern noch ein Umdenken geben wird. "Spätestens dann, wenn sie eine Reise planen und den Impfnachweis benötigen. Die absoluten Leugner werden wir nicht erreichen."

Montgomery bremst die Erwartung, dass man eine Impfquote von 85 Prozent erreichen werde - und macht gleichzeitig Mut. "Denn die zehn Prozent, die sich ums Verrecken nicht impfen lassen wollen, werden ihre Immunität erreichen, indem sie eine Erkrankung durchmachen", sagt er der Funke Mediengruppe. Für die Herdenimmunität zählen sie am Ende mit.

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