Droht im Herbst die Durchseuchung der Kinder, Herr Professor Berner?

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Am kommenden Wochenende feiern fast 40.000 Kinder in Sachsen den Beginn ihrer Schulzeit. Das neue Schuljahr beginnt offiziell am Montag. Ab dann werden im Freistaat wieder rund 400.000 Schülerinnen und Schüler und das Lehrpersonal in den Klassenräumen sein. Es ist der Start in das dritte Schuljahr, bei dem Corona eine Rolle spielt. Wie groß sind die Gefahren durch das Virus für die Kinder jetzt?

Darüber spricht Reinhard Berner, Leiter der Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Dresden, im CoronaCast bei Sächsische.de.

Der Kinderarzt stellt in dem knapp 40-minütigen Gespräch gleich zu Beginn fest, dass er die momentanen bundesweit geführte Debatte um eine mögliche Durchseuchung in der Altersgruppe von Kindern und Jugendlichen kritisch sieht. Allerdings stimmt er nicht jenen Experten zu, die durch die Rückkehr an die Schulen einen starken Anstieg infizierter oder schlimmstenfalls im Krankenhaus zu behandelnder junger Menschen befürchten. Berner schätzt dieses Szenario als unwahrscheinlich ein.

Zuletzt hatte etwa der Virologe Christian Drosten davor gewarnt, Kinder den Risiken einer Infektion leichtfertig auszusetzen. Ähnlich äußerten sich auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach oder der Dresdner Grünen-Politiker Johannes Lichdi. Letzterer hat explizit den sächsischen Weg kritisiert, der eine Durchsetzung des Präsenzunterrichts bis zum Erreichen einer kritischen Marke im Gesundheitswesen vorsieht.

Berner begründet seine abweichende Einschätzung der Lage durch Beobachtungen, die er selbst in der Uniklinik Dresden gemacht habe und anhand eines Registers, das von seinem Institut geführt werde. "Darin registrieren wir jede Hospitalisierung von Kindern in Deutschland. Seit Beginn der Pandemie kommen wir da auf 1.800 Fälle."

Der Deutsche Lehrerverband hatte kürzlich hochgerechnet, dass im Falle einer Schulöffnung, wie sie in Sachsen und den meisten anderen Bundesländern jetzt durchgeführt werde, bis zu 200.000 Kinder im Herbst und Winter in Krankenhäusern infolge einer Ansteckung behandelt werden müssten. "Solche Zahlen in Umlauf zu bringen, halte ich anhand der gewonnenen Daten im bisherigen Pandemieverlauf für fahrlässig", so Berner.

Beim Sächsischen Lehrerverband (SLV) teilt man die Einschätzung des Bundesverbandes ebenfalls nicht. Michael Jung, stellvertretender Vorsitzender des SLV und Oberschullehrer aus Freiberg, bezeichnet die Verwendung des Begriffs Durchseuchung indes als "Panikmache". Das Aufrechthalten von Schutzmaßnahmen in den ersten Wochen nach Schuljahresbeginn sei jedoch sinnvoll. "Auch sollte es geimpften Jugendlichen möglich gemacht werden, sich freiwillig zu testen", so Jung weiter.

Berner stimmt dem zu, hält Schnelltests jedoch nur bedingt für sinnvoll und geeignet für Kinder oberhalb des Grundschulalters. Schließlich sieht der Mediziner, genauso wie in der Wissenschaft Konsens, den Weg aus der Pandemie in den Impfungen. Und das auch für Kinder gemäß der aktuellen Zulassung und Empfehlung ab 12 Jahre. "Man kann sich das rechnerisch herleiten. Das Auftreten möglicher Nebenwirkungen bei einer Impfung sind um ein Vielfaches geringer als schwere Infektionsverläufe oder Long-Covid-Symptome."

Außerdem berichtet Reinhard Berner ausführlich über den aktuellen Stand der Antikörper-Studie der Dresdner Uniklinik, die seit Frühjahr 2020 an ausgewählten sächsischen Schulen läuft. Es wird über die Wirksamkeit von Einzel- statt Gruppenquarantäne in Schulen und Kitas diskutiert und das sächsische Maßnahmenpaket mit verschärfter Test- sowie Maskenpflicht in den ersten beiden Schulwochen diskutiert.

Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet. Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit voneinander getrennt an verschiedenen Orten.

Alle Folgen des CoronaCast hören Sie hier: https://www.saechsische.de/coronavirus/coronacast-podcast-sachsen-dresden-covid19-coronavirus-coronasn-news-5191271.html
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