"Die normalen Probleme in der Pflege werden bleiben" -
Pfarrerin und Pastoralpsychologin Dorothea Bergmann im Gespräch mit Studienleiter Frank Kittelberger.
#EATutzing
ZUM INHALT:
Dorothea Bergmann aus München ist Theologin und Pastoralpsychologin. Sie leitet die Fachstelle „Spiritualität - Palliative Care - Ethik - Seelsorge“ bei der „Hilfe im Alter der Inneren Mission München“, einem großen diakonischen Träger der ambulanten und stationären Altenhilfe. Im RotundeTalk mit Pfarrer Frank Kittelberger, Studienleiter für Ethik in Medizin und Gesundheitswesen an der Evangelischen Akademie Tutzing, machte sie deutlich, dass viele Menschen heute mit großem Interesse und manchmal auch mit Sorge und Anteilnahme verfolgen, wie die Coronakrise das Leben in den Alten- und Pflegheimen beeinflusst. Die Medien berichten immer wieder von schrecklichen oder auch traurigen Situationen. Dabei vermischen sich authentische Berichte oft mit Vermutungen und Befürchtungen.
Frau Bergmann berichtete, wie sich die Pflegeeinrichtungen der „Hilfe im Alter“ seit über zehn Jahren durch eine Besonderheit auszeichnen: Neben dem Angebot von Supervisionen und der engen Begleitung der Mitarbeiterinnen gibt es die Ethikberatung vor Ort: Unkompliziert können Pflegekräfte und andere Mitarbeiter – aber auch Angehörige oder Bewohnerinnen – um eine moderierte Ethikberatung direkt auf Station bitten, wenn eine kritische Situation eintritt oder eine schwierige Entscheidung ansteht. Dieses Instrument habe sich bewährt und werde vielfältig benutzt, Bergmann im Interview. Sie führte dies an konkreten Beispielen aus, z.B. die Schwierigkeiten bei der Wiederaufnahme von erkrankten Bewohnerinnen, die aus dem Krankenhaus in Heim entlassen werden, wo sie dann in Quarantäne bleiben müssen. Die soziale Isolierung sei oft schlimmer und gefährlicher, als die Krankheit selbst.
Sie berichtet, dass in diesen Monaten sehr viel über die Verbesserungen in der Altenpflege gesprochen wird. Manche Hilfe oder Maßnahme wird sofort umgesetzt, wie z.B. eine zusätzliche Pflegeprämie für die Mitarbeiterinnen. Anderes wird auf die Zeit nach der Krise verschoben. Manche Menschen erhoffen sich grundsätzliche Änderungen in unserem Pflegesystem, während andere der Überzeugung sind, dass sich nach der Krise nicht viel ändern wird. Sie teilt dese Einschätzung nicht, sieht aber die Gefahr, dass der „politische Aufwind“ nach der Krise am Leben erhalten werden muss, wenn sich wirklich etwas ändern soll. Sie formuliert klare Erwartungen an Wissenschaft, Kirche und Politik. Sie fordert ein „sauberes Nacharbeiten der Erfahrungen aus dieser Krise, um daraus wirklich lernen zu können“. Auch die „normalen Probleme in der Pflege“, die nicht mit der gegenwärtigen Krise zusammenhängen, werden uns bleiben! Am Beispiel der Nachwuchssorgen im Pflegeberuf zeige sich dies deutlich.
(Frank Kittelberger)
Wir sind die Evangelische Akademie Tutzing und bieten Raum für offenen Austausch, Meinungs- und Persönlichkeitsbildung. Das Interview ist Teil der Reihe Rotunde-Talk, bei der Expertinnen und Experten zu aktuellen Themen interviewt werden.
ÜBER UNS:
Mehr zu unserer Arbeit finden sie hier:
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Frau Bergmann berichtete, wie sich die Pflegeeinrichtungen der „Hilfe im Alter“ seit über zehn Jahren durch eine Besonderheit auszeichnen: Neben dem Angebot von Supervisionen und der engen Begleitung der Mitarbeiterinnen gibt es die Ethikberatung vor Ort: Unkompliziert können Pflegekräfte und andere Mitarbeiter – aber auch Angehörige oder Bewohnerinnen – um eine moderierte Ethikberatung direkt auf Station bitten, wenn eine kritische Situation eintritt oder eine schwierige Entscheidung ansteht. Dieses Instrument habe sich bewährt und werde vielfältig benutzt, Bergmann im Interview. Sie führte dies an konkreten Beispielen aus, z.B. die Schwierigkeiten bei der Wiederaufnahme von erkrankten Bewohnerinnen, die aus dem Krankenhaus in Heim entlassen werden, wo sie dann in Quarantäne bleiben müssen. Die soziale Isolierung sei oft schlimmer und gefährlicher, als die Krankheit selbst.
Sie berichtet, dass in diesen Monaten sehr viel über die Verbesserungen in der Altenpflege gesprochen wird. Manche Hilfe oder Maßnahme wird sofort umgesetzt, wie z.B. eine zusätzliche Pflegeprämie für die Mitarbeiterinnen. Anderes wird auf die Zeit nach der Krise verschoben. Manche Menschen erhoffen sich grundsätzliche Änderungen in unserem Pflegesystem, während andere der Überzeugung sind, dass sich nach der Krise nicht viel ändern wird. Sie teilt dese Einschätzung nicht, sieht aber die Gefahr, dass der „politische Aufwind“ nach der Krise am Leben erhalten werden muss, wenn sich wirklich etwas ändern soll. Sie formuliert klare Erwartungen an Wissenschaft, Kirche und Politik. Sie fordert ein „sauberes Nacharbeiten der Erfahrungen aus dieser Krise, um daraus wirklich lernen zu können“. Auch die „normalen Probleme in der Pflege“, die nicht mit der gegenwärtigen Krise zusammenhängen, werden uns bleiben! Am Beispiel der Nachwuchssorgen im Pflegeberuf zeige sich dies deutlich.
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